Die CMC ging diese Woche bei strahlendem Sonnenschein in die dritte Runde – und ich war wieder mit dabei: Andrea Graf, Redaktionsleiterin der wirkungsvoll GmbH und auf der Suche nach spannenden Learnings für unsere SEO Trainees. Veranstaltungsort war in diesem Jahr die Wolkenburg in Köln, ein ehemaliges Kloster, das inzwischen in Besitz des Kölner Männer Gesangvereins und echt schick ist!
Beeindruckt war ich aber vor allem von dem Ausmaß, das die CMC inzwischen angenommen hat. Wow! Nicht nur, dass im Vergleich zum ersten Jahr bestimmt das Dreifache an Besuchern da war, nein, auch die Qualität der Vorträge hat mich durchweg positiv überrascht. Rund um das Trendthema 2013 Content Marketing referierten insgesamt zehn Speaker in überzeugenden Vorträgen über worst- und best-practice-Beispiele, für die Onliner wie ich brennen. Auf der Agenda standen Vorträge zu Projekten bei Krüger Kaffee, Tengelmann und der Schwenninger Krankenkasse sowie Präsentationen von Condé Nast, Brightcove und Textprovider.
Der Konferenztag war diesmal in drei Slots unterteilt:
- Strategy Slot
- Media Slot
- Best Practice Slot,
wobei meine persönlichen Erwartungen im Vorfeld vor allem auf dem dritten Slot lasteten. In den letzten Jahren plauderten die Referenten zwar durchaus ein bisschen aus ihren Nähkästchen, aber anschauliche Projekterfahrung, Expertise oder harte Zahlen gab es neben Schwarzkopf.de im Jahr 2011 und babyharmonie.de im vergangenen Jahr bislang wenig.
Vielleicht mag es auch daran liegen, dass Content Marketing vor zwei Jahren in Deutschland gefühlt noch in den Kinderschuhen steckte und relativ unausgereift war. In zwei Jahren hat sich einiges getan, das wurde spätestens auf der CMC 2013 deutlich. Content Marketing boomt!
Strategy Slot: Unternehmenswebsites als Lifestyle Magazine
Den Strategy Slot eröffnete nach einer kurzen Begrüßung von Frank Puscher, der uns auch in diesem Jahr durch den Tag moderierte, Thomas Knüwer von kpunktnull. „Schluss mit der Ruhrpottkommunikation – Warum Unternehmen eine Content-Strategie brauchen“ war sein Vortragsthema.
Weil es die Strategie des Content Marketings verspricht, durch spannende Inhalte neue Kunden zu gewinnen und zu binden, sollten Unternehmen diesen Marketing-Weg einschlagen. Dabei hätten sie die Wahl zwischen vier Contentarten:
- Talk to content
- Talk about Content
- Talk with Content
- Let talk Content
Nummer 4, „Let talk Content“, ist dabei die Königsdisziplin: Unternehmen stellen Inhalte bereit und bringen Menschen dazu, darüber zu reden. Für Unternehmen besonders interessant sind in diesem Zusammenhang Blogger: Sie haben eine extrem hohe Reichweite, Einfluss auf die Netzgemeinde und verbreiten gute Inhalte praktisch automatisch. Als lukratives Beispiel für Unternehmen führte Knüwer eine Audi A3 Pressereise vor, zu der Audi auch Blogger eingeladen hatte. Im Vergleich zu einem journalistischen Artikel in einer Autozeitung generierten Blogger authentischen Content inklusive vieler Bilder und Videos.
Als weiteres Beispiel führte Knüwer den Relaunch der Coca Cola Website als Lifestyle Magazin an. Die Unternehmenswebsite von Coca Cola besteht heute aus redaktionellen Inhalten, die sich nicht nur um das Produkt drehen, sondern auch Sport-News und Expertenmeinungen zu Fettleibigkeit etc. vorstellen.
Nach wie vor eines der beliebtesten best-practice-Beispiele in Sachen Content Marketing ist Schwarzkopf.de, auf das auch Knüwer eingeht: Henkel hat vor einigen Jahren Recherchen darüber angestellt, was potentielle User suchen, wenn sie ins Netz gehen. Das Ergebnis: Nur 5 % suchen nach Marken, der Rest sucht nach Lösungen. Also entwickelte Henkel in Zusammenarbeit mit Condé Nast ein Magazin, das redaktionell hochwertige Inhalte rund um Frisuren und Haare bereitstellt und erst in dritter oder vierter Ebene auf Schwarzkopf-Produkte aufmerksam macht. Die Strategie, sehr hochwertige Inhalte bereitzustellen und aktiv nach außen zu verlinken, ging auf: Ohne viel SEO erreichte schwarzkopf.de super Platzierungen in den SERPs, eine hohe Verweildauer der User und selbst heute steigen die Visits noch kontinuierlich an. „Content Marketing ist also auch eine suchmaschinenoptimierende Maßnahme“, schlussfolgerte Knüwer. Ein toller Vortrag!
„Forget the product-brands“
Im Anschluss kam Doris Huber von Condé Nast mit einem „Guten Morgen und Servus! I bin aus Bayern!“ (sympathisch!) auf die Bühne und referierte über „Premium Content Print und Digital aus der Sicht eines Publishers“. Von Beginn an appellierte sie, den Fokus auf die Zielgruppe zu legen: „Der Content muss dem User schmecken, nicht dem Absender“. Als Best Practice für Content Marketing im Printbereich hat sie das Mercedes Benz Magazin mitgebracht, das Condé Nast betreut. Im Magazin finden sich entgegen vieler Erwartungen keineswegs nur Artikel, die sich um Mercedes oder Autos drehen, sondern vielmehr werden Trendthemen zu hochwertigen Inhalten verarbeitet, die auch in der GQ o. ä. stehen könnten. Der Content wird von namhaften Autoren geschrieben, die vielmehr der Lifestyle-Sparte als der technischen Automobilsparte entstammen. Premium-Content (online wie offline) sollte demnach folgende Kriterien erfüllen:
- Bildsprache: Highlevel
- Texte: Recherche (no copy & paste)
- Layout: moderne Ästhetik
- Themen: spannende Formate (Kolumne etc.)
- Journalistischer Dreh: Klang
Dadurch ginge es bei Premium-Texten für Online und Print inzwischen um editorial stories und nicht mehr um advertorial stories. Der Anspruch sei die höchste journalistische Qualität.
Da auch Huber redaktionell am Relaunch der Schwarzkopf-Website beteiligt war, verlor sie noch ein paar Worte zum spektakulären Ansatz Henkels à la „Forget the product-brands“. Als brandgetriebenes Verlagshaus fand Huber diesen nicht brand-orientierten Ansatz super spannend. Das Inhaltskonzept basierte auf recherchierten Keywords und das Brand sollte – inhaltlich wie optisch – in den Hintergrund rücken.
Während Marketeers früher noch die Frage nach dem „What can I sell you?“ stellten, müssen Sie heute vielmehr Lösungen in Form von „How can I help you?“ darbieten. User suchen Service und Lösungen für ihre Bedürfnisse, weshalb redaktionelle Inhalte stringent vor Produktplatzierungen stehen müssten. Das Erfolgskonzept von gutem Content Marketing?! Vielen Dank für diesen tollen Vortrag!
Nach Knüwer und Huber ging Thorsten Abeln von Treycon auf die wichtigsten Schritte der redaktionellen Planung bei Content-Marketing-Projekten am Beispiel von Krüger Leben ein. Krüger Leben behandelt als Content-Marketing-Projekt alltags- und familiennahe Themen (DIY-Anleitungen, Bastelanleitungen etc.) für die Verwender der Krüger Markenprodukte. Über das Ratgeberportal möchte Krüger bei seinen Kunden folgende Ziele erreichen:
- Stärkung des Markenimages
- Verweildauer auf Markenhomepage erhöhen
- Höhere Sichtbarkeit bei Google
Um Content-Strategien redaktionell zu planen, müssten Themen laut Abeln 12 – 16 Wochen vorher festgelegt, Autoren durch Redaktionsleitfaden ausreichend gebrieft und das Intervall der Veröffentlichung klar festgelegt werden.
SEO vs. suchbasiertes Marketing
Jens Fauldraht war schließlich der letzte Referent vor der Mittagspause und heizte im Redeschwall durch seinen Vortrag „Nachfrageorientierte Contententwicklung im eCommerce“. Seine Keynote war, dass SEO nicht mehr zum Ziel habe, schnell gute Rankings zu erzielen, sondern Nutzer zu bekommen. Laut Studien aus den USA recherchierten 70 % aller User vorab im Internet, bevor sie einen Kauf tätigen, und suchen dabei nicht nach Marken, sondern nach Themen drum herum. Auch deshalb mache es nicht für alle Marken und Unternehmen Sinn, Standard-SEO zu betreiben, sondern evtl. auf suchbasiertes Marketing umzusteigen. Nach diesem schnellen (!) SEO-Exkurs (Zitat Puscher „Mehr Wörter pro Minute geht nicht“) ging es in die Mittagspause.
Interaktive Inhalte zur Performance-Steigerung
In den Media Slot am Nachmittag startete Christoph Teubert, Geschäftsführer bei contilla, mit dem spannenden Thema „Interaktive Content-Formate zur Performance-Steigerung“. Er verdeutlichte das immense Potential, welches in interaktiven Inhalten stecke. Durch eine interaktive Einbindung in Form eines Quiz, Votings, Spielen oder interaktiven Infografiken erhielten Produkte wie Unternehmen die volle Aufmerksamkeit des Users.
Christoph Teubert verdeutlichte dies anhand von drei Beispielen:
Die Ergebnisse dieser Studie könne sich der User so ziehen, wie er es gerne hätte: als Diagramm, Tabelle etc., jedoch auf keinen Fall als Textmasse. Durch die Interaktion kann sich der User den Content selbst zusammenschneidern, der ihn interessiert. I like!
Anstatt langweilige Textmengen zu Versicherungskonditionen und -gegenständen bereitzustellen, werden Räume ausschließlich bildlich dargestellt – zunächst zumindest. Klickt man zum Beispiel auf das Badezimmer, so werden Hotspots angezeigt, hinter denen sich nach einem Klick die entsprechende Versicherungsinfo interaktiv öffnet.
Im „interaktiven Gartenerlebnis“ erhält der User interaktive Inhalte zu Hotspots der Grafik. Durch einen Klick auf den Baum erscheint zum Beispiel ein Tutorial zum Thema „Wie schneide ich Bäume richtig“, während sich beim Klick auf den Hotspot Grill einen Typ-Check zum Thema „Welcher Grill-Typ bist Du?“ öffnet.
Zum Schluss lieferte Teubert Erfahrungswerte zur Performance von interaktivem Content (auf Basis von rund 500 Kundenkampagnen):
- 63 % der User nehmen teil
- 70 % spielen den interaktiven Content durch
- 2,2 Minuten Verweildauer
- Leadgenerierung: 68 % füllen Adressfeld aus
- Call to action: 22 % Conversion Rate
Wow!
Media Slot: Premium-Texte und Videos
Arne Stoschek von Textprovider veranschaulichte im zweiten Vortrag des Media Slots die operative Arbeit im Content Management. Die darauf folgende Präsentation zum Thema Video-Content-Marketing hielt Alexa Russetti von Brightcove und stellte Videos im Einsatz entlang des Customer Life Cycles vor, erheiterte uns aber nicht weniger durch ihr Denglisch („Dann travelled dieses Branding innerhalb von Facebook mit“).
Russetti lieferte Inspiration dafür, wie man Videos in Bezug auf Content Marketing nutzen kann. Bereits innerhalb eines Jahres seien Videos als Taktik des Content Marketings von 52 % auf 70 % (von 2011 bis 2012) gestiegen und besäßen eine immense Storytellingkraft. Zitat Russetti: „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte, ein 1-minütiges Video sagt mehr als 1,8 Mio Worte“.
Case Study babyharmonie.de: 18 Monate Content Marketing – Was ist passiert?
Mit Ingo Hermann von der Schwenninger Krankenkasse stand wohl für viele das erwartete Highlight der CMC an. Im letztjährigen Vortrag von Daniel Repp hatte auch ich Feuer gefangen von der Idee des Portals babyharmonie.de der Schwenninger Krankenkasse.
Kurz zur Vorgeschichte: Krankenkassen erfahren in der Regel erst spät von der Schwangerschaft einer Kundin und mit Frühgeburten geht eine nicht unerheblich ökonomische Belastung einher. Also wollte die Schwenninger den Austausch mit werdenden Müttern suchen, bevor es zum „Versicherungsfall Frühgeburt“ kommt.
Über das Informationsportal babyharmonie.de klärt die Krankenkasse heute über Schwangerschaft und Kinderwunsch auf und gibt hilfreiche Tipps im Ratgeberstil. Dadurch soll das Risiko einer Frühgeburt gesenkt und damit das Einsparpotential für die Krankenkasse maximiert werden (bis zu 360.000€/Jahr). Das Content-Marketing-Projekt ging auf und inzwischen zählt babyharmonie.de monatlich zwischen 20.000 und 30.000 Besucher. Die Nachfrage ist nach wie vor enorm. Das Erfolgskonzept liegt auch hier wieder mal im Content und nicht in den Produkten begründet. Insgesamt macht babyharmonie.de 18 % aller Visits der Schwenninger Krankenkasse aus, was sie motiviert, noch weitere Microsites in diesem Stil aufzubauen. Derzeit sei ein Portal zum Reise-Impf-Schutz in Planung, dessen Idee darin besteht, Impfkosten vor Reiseantritt zu übernehmen, um so den Versicherungsfall (und einhergehende Kosten) zu vermeiden. Smart!
Für alle Social-Media-Enthusiasten verriet Ingo Hermann am Schluss seines Vortrags noch, dass trotz allen Erfolges die Fanpage babyharmonie.de auf Facebook gerade einmal 47 Likes zähle. Warum? Mit sensiblen Themen wie Kinderwunsch oder Frühgeburt gehen die wenigsten Frauen gern hausieren, schließlich könnte es ja auch der Chef oder Ex-Freund lesen. Lesson learned: Facebook funktioniert nicht unbedingt für alle Themen und es ist geplant, den Facebook-Auftritt von babyharmonie.de zeitnah zu löschen.
Zum Abschluss: Best Pratice aus eCommerce und Social Media
Katharina Mitropolos von der TNM diskutierte in einem souveränen Vortrag die Frage, ob Content Marketing mehr Shop-Produkte verkaufen könnte. Die Antwort: Ja! Durch viel Wissensvermittlung, Beratung und News zu Produktthemen für interessierte User.
Zum Abschluss der CMC 2013 gaben Torben Hansen und Enrico Hanisch von Philipp und Keuntje erfolgreiche Social-Media-Aktivitäten anhand der Fanpages von Astra und Audi zum Besten. Torben Hansen veranschaulichte auf unterhaltsame Weise den Werdegang von Astra zur Kultmarke und zu einer der aktivsten Communities auf Facebook. Das Rezept? Entertainment statt Belanglosigkeit. Sein Kollege Enrico Hanisch verriet hingegen Facebook-Strategien von Audi und entließ uns mit dem Tipp, dass man sich einfach mal in den Kommentaren umhören sollte, welche Themen User interessieren, um neue erfolgreiche Content-Strategien zu planen. Außerdem lohne sich die Einbindung der Fans in Form von Votings oder wenn man als Unternehmen auch mal auf Kommentare reagiert oder sich für Lob bedankt. „So werden aus Fans Kunden!“
Mein Fazit der CMC 2013:
Viel spannender Input, deswegen kurz:
- Bislang beste CMC (souveräne Speaker, interessante Themen, klare Linie)
- Die Erkenntnis, dass hochwertiger Content immer noch die beste Strategie für Erfolg ist
- Was kommen wird: Marken werden immer mehr zu Medien
- Sonne, Sonne, Sonne und leckere Crème Brûlée zur Kaffeepause
- Danke an Contilla für die Organisation (CMC 4.0 in Hamburg?!)
Andrea und die SEO Trainees
5 Antworten
Hallo Andrea,
danke für Dein ausführliches Recap!
Langsam scheint die Branche zu verinnerlichen, dass qualitativ hochwertiger Content King ist.
Liebe Grüße nach Wandsbek 🙂
Ulli
Ich habe deine Danksagung an Andrea weitergeleitet, Ulli. Sonnige Grüße zurück! 😀