Erinnert Ihr Euch noch an Nummer 5, den kleinen Roboter der 1986 auf der Leinwand zum Leben erwachte? Nein? Na gut, aber Ihr habt bestimmt WALL-E gesehen! Wir haben am Donnerstag den 25.01.2018 die erste Entwicklungsstufe solcher Roboter in Berlin bei der AI Masters getroffen! Dies ist die erste Fachkonferenz, die sich mit dem Potenzial von künstlicher Intelligenz für Marketing und E-Commerce beschäftigt. Mann war das spannend! Die Zukunft ist hier und K.I.T.T. bald nicht mehr nur ein Traum. Kein Witz (und alle intelligenten Roboter der 80er Jahre rufen im Chor: I’ll be back)!
Aber fangt jetzt nicht an, hektisch in euren Isaac Asimov Büchern nach den Robotergesetzen zu suchen. Lasst uns lieber gemeinsam einen Blick auf die Möglichkeiten werfen, die künstliche Intelligenz im Bereich Marketing und E-Commerce bietet.
Agenda
KI und Machine Learning
Ein weiser Mann hat mir mal gesagt: Ein gebildeter Mensch kennt viele Fakten. Ein intelligenter Mensch weiß, wie sie zusammenhängen und ein kluger Mensch macht es gleich richtig.
Computer und digitale Netzwerke sind also schon lange unglaublich gebildet. Ihr Potenzial Daten zu speichern, zu übertragen und abzurufen ist enorm und der technische Fortschritt schreitet dahingehend munter weiter voran. Alexandre Lebrun von Facebook hat bei seinem Vortrag „The unreasonable effectiveness of AI“ bei der AI Masters erklärt, dass solche Maschinen inzwischen aber auch immer intelligenter werden.
Jeder hat schon mit einem Taschenrechner gearbeitet, dem man verschiedene Formeln vorgegeben hat, um rasend schnell mathematische Ergebnisse zu errechnen. Das ist für Schüler genauso beeindruckend wie praktisch, aber nicht intelligent. Maschinen mit künstlicher Intelligenz gibt man hingegen keine Formeln vor, sondern nur eine Masse von Daten. Die Formeln oder Modelle, welche darstellen, wie diese Daten zusammenhängen, errechnet die künstliche Intelligenz dann selber. Dabei kann es sogar passieren, dass selbst die Entwickler nicht mehr genau nachvollziehen können, wie die KI darauf gekommen ist. Es funktioniert trotzdem!
Einige erstaunliche Anwendungsbeispiele sind auf der AI Masters in Berlin vorgestellt worden, von denen wir Euch zwei vorstellen möchten:
Bilderkennung und Visual Search
OTTO treibt die Entwicklung von KIs voran, die Bildinhalte erkennen können. Dafür gibt es eine Vielzahl von Anwendungsbereichen:
- Qualitätssicherung: Passt das Bild wirklich zu dem Produkt, für das es ausgespielt wird? Sind auf dem Bild tatsächlich alle Merkmale zu sehen, die in der Produktbeschreibung stehen? Ist das Bild jugendfrei? All diese Fragen können demnächst von einer KI beantwortet werden.
- Ähnlichkeiten erfassen: Den KIs wird beigebracht, Bildinhalte wahrnehmen zu können. So können Bildausschnitte wie Keywords verwendet werden. Entsprechend trainierte KIs können Kunden auf Grund von Bildern aus ihrer Kaufhistorie verwandte Produkte empfehlen, in ihrer Datenbank nach ähnlichen Bildinhalten forschen oder ganze Outfits zusammenstellen, die einem bestimmten Stil entsprechen.
Für das Training solcher KIs können Open Source Softwares wie TensorFlow, Caffe oder Keras genutzt werden und das einzige, was man sonst noch dafür braucht, sind genügend Bilder, Rechenpower und Datenpipelines mit entsprechender Übertragungsrate.
Intelligente Audioanalyse
Ganz im Allgemeinen ging es auf der AI Masters viel um die Entwicklung von interaktiven Chat Bots, die selbstständig und sinnvoll an sie gestellte Fragen beantworten können. Die Mitarbeiter von AudEERING arbeiten darüber hinaus an KIs, die nicht nur verstehen, was gesagt wird, sondern auch wie es gesagt wird. Dafür werden bis zu 6.000 Eigenschaften eines Sprachsignals isoliert und von intelligenten Maschinen analysiert. Aus diesen Daten sollen die KIs lernen, Sprachmuster zu erkennen, die über das allgemeine Wortverständnis hinausgehen. Dabei geht es beispielsweise um die Erkennung von Emotionen, bestimmter Krankheiten (vom Schnupfen bis zu Alzheimer), Lügen und des Ortes, an dem sich der Gesprächspartner befindet. So geschulte KIs sollen dann beispielsweise in autonom fahrenden Autos (K.I.T.T. lässt grüßen) oder als verbale Support- und Servicekräfte eingesetzt werden.
Chancen und Grenzen von künstlicher Intelligenz
Ein Satz, der mir von der AI Masters besonders hängen geblieben ist, lautet: „Wenn Ihr Euren Job in nur einem Satz beschreiben könnt, wird er wahrscheinlich bald von einer Maschine übernommen!“
Maschinen können schon jetzt viele Fleißaufgaben effizienter erledigen, als Menschen dazu in der Lage sind. Mit der Entwicklung immer intelligenterer Maschinen wird das bei immer mehr Aufgaben der Fall sein. Aber heißt das, dass uns die Maschinen in Zukunft alle ersetzten werden? Der Konsens bei der AI Masters war dahingehend ein klares Nein!
Aleksandar Stojanovic arbeitete zum Beispiel in seinem Vortrag „Entzauberung von AI“ sehr schön heraus, dass Maschinen vielleicht schneller und besser darin sind, bestimmte Probleme zu lösen, aber es ist ihnen noch immer unmöglich, von sich aus Probleme zu erkennen und zu beschreiben. KIs sind Produktionsmittel, die immer wertvoller werden, je mehr sie lernen. Doch wofür sie am besten verwendet werden können, entscheidet noch immer der Mensch.
Zudem erklärte Alexandre Lebrun in seinem Vortrag, dass alles, was momentan im Bereich Machine Learning gemacht wird, noch immer Supervised Learning darstellt. Der Mensch gibt der Maschine den Rahmen, den Kontext und die Daten vor. Es gibt noch keine Maschinen, die tatsächlich selbst langfristig planen, Emotionen aus eigener Initiative erkennen, nachvollziehen oder transportieren können oder zu ethischen Entscheidungen fähig sind. Vielleicht wird es sie niemals geben! Darum reden wir ja auch von intelligenten Maschinen und nicht von klugen. Darüber hinaus nannte Lebrun zwei weitere Bereiche, in denen künstliche Intelligenz noch immer anfällig sind. Erstens sind solche Systeme ziemlich fragil. In das Kamerabild von selbstfahrenden Autos braucht man zum Beispiel nur eine Handvoll weißer Pixel einzufügen und schon denkt die KI, ihr würde ein Baum im Weg stehen. Zweitens sind Maschinen mit künstlicher Intelligenz voreingenommen. Verzerrungen oder rassistische, genau wie sexistische Vorurteile, die von Anfang an in den Daten selbst enthalten sind, werden von der KI nicht erkannt, sondern im Gegenteil reproduziert. So erkennt eine Maschine eine Asiatin mit Schläger in der Hand im ersten Moment mit großer Wahrscheinlichkeit als Tischtennisspielerin, obwohl sie eindeutig einen Tennisschläger hält. Warum? Naja, Tischtennis ist in Asien weiterverbreitet als Tennis.
Curt Simon Harlinghausen wies in seinem Vortrag „Digital Empathy is the Future“ darauf hin, dass das Potenzial intelligenter Maschinen gerade fürs Marketing riesig ist. Niemals zuvor konnte man über so viele Daten möglicher Kunden verfügen wie heutzutage. Man kann Kunden heute auf allen Ebenen der menschlichen Sinne persönlich, mit dem richtigen Produkt, zur richtigen Zeit und im angemessen Rahmen ansprechen, wenn man weiß, wie man es technisch umsetzen kann. Es sei also wichtig, neugierig zu werden und die Technik zu verstehen, um eine Vision entwickeln zu können, wofür man KIs benutzen kann. Nur der Datenschutz dürfe dabei nicht vernachlässigt werden, so Harlinghausen. Kundendaten sind leicht zu sammeln und noch leichter mit Hilfe von KIs auszuwerten. Deswegen müssen sie gut beschützt werden und zwar nicht vor Maschinen, sondern vor böswilligen Menschen.
Romantisches Marketing
Zum Schluss enden wir mit dem Beitrag, mit dem die AI Masters in Berlin angefangen hat: mit dem Vortrag von Tim Leberecht „Marketing in the age of machines“. Leberecht rief dabei dazu auf im Zeitalter der Maschinen, in dem alles quantifizierbar und leicht zugänglich gemacht wird, Marketing mit einer höchst menschlichen Qualität zu gestalten: Romantik. Vier Punkte waren ihm dabei besonders wichtig.
Erstens: „Tue das Unnötige!“
Es ist nicht nötig Blumen zu kaufen. Die meisten Frauen freuen sich trotzdem darüber. Wie bei guten Beziehungen merkt man auch bei Produkten, wie viel Liebe in sie hineinfließt. Maschinen können für Effizienz sorgen, aber Menschen können das gewisse Etwas erzeugen, das zu ansprechenden Produkten führt.
Zweitens: „Schaffe Intimität!“
In einer Zeit, in der wir durch soziale Medien immer mehr in Kontakt bleiben können, können wir trotzdem einsam sein. Es geht also mehr darum, sich zu öffnen. Das Leben zu teilen. Es geht um Intimität. Und das muss nicht nur auf menschlicher Ebene geschehen. Auch KI-Produkte können für mehr Intimität sorgen. Über sensible Themen wie die eigene Gesundheit oder den Tod reden Menschen zum Beispiel oft lieber mit Chat Bots als mit Menschen.
Drittens: „Lass dich auf andere oder anderes ein!“
Menschen sind Entdecker. Neues, geheimes und andersartiges ist genauso faszinierend wie auch erschreckend. Menschliches Marketing sollte Dienstleistungen und Produkte vermarkten, die Diversität fördern und doch Menschen zusammenbringen.
Und viertens: „Leide (ein bisschen)!“
Romantik ist nicht immer nur einfach. Aber als Menschen wachsen wir an Herausforderungen und Frustrationen zu überwinden, gibt uns ein tiefes Gefühl der Befriedigung.
Leberecht schloss seinen Vortrag mit dem Gedanken, dass Marken nicht wie Maschinen, sondern mehr wie Gärten sind. Sie müssen wachsen. Sie sind in gewisser Hinsicht manchmal unnötig. Es ist harte Arbeit, sie zu erhalten, aber sie sind wunderschön. Sie erweitern unseren Horizont und bringen Menschen zusammen (in Deutschland meistens zum Grillen).
Es geht also darum, das Potenzial von KIs zu nutzen, um genau solche Marken aufzubauen.
Und je eher wir damit anfangen, desto besser!
In diesem Sinne: Roll out! (Optimus Prime)
Buch- und Linkstipps
Hier noch drei Tipps, wo genau Ihr anfangen könnt, Euch über das Potenzial von KIs zu informieren:
- Buch „Künstliche Intelligenz für Sales, Marketing und Service“ von Peter Gensch
- Kostenloser Online-Kurs über Deep Learning vom AI-Guru Andrew Ng
- Adobe Sensei (besonders für Grafiker)