Die Goldgräberjahre des Internets sind mittlerweile in den meisten Produktbereichen nur noch Stoff für lauschige Lagerfeuernächte. In einem immer stärker umkämpften Markt reicht es schon lange nicht mehr aus, eine großartige Adwords-Kampagne aufzusetzen, oder eine Seite schlau auf bestimmte Begriffe zu optimieren. Conversion Optimierung heißt das Stichwort: Zielgerichteter Traffic, gesteigerte Effizienz, höhere Conversion Rates und am Ende natürlich niedrigere Kosten für im Idealfall bessere Ergebnisse. Wer würde das nicht unterschreiben?
Da das Ganze aber natürlich nicht ganz so einfach ist, wie man denken könnte, möchte ich euch heute einen kurzen Überblick darüber geben, was genau man eigentlich unter Conversion Optimierung versteht, wie der Optimierungsprozess im Groben abläuft und auf welche Fallstricke man achten sollte.
Ich selbst bin nun seit fast 15 Monaten Online Marketing Trainee bei pflege.de und nach früh gezeigter Begeisterung für das Thema auch dank meines passenden akademischen Hintergrunds mittlerweile für Testing und Conversion Optimierung verantwortlich. Das heißt natürlich, dass ich selbst noch ziemlich am Anfang meines Weges stehe, selber jeden Tag dazulerne und dieser Gastartikel vor allem für Einsteiger und Themenfremde gedacht ist. Heiße, neue Tipps für alte Hasen gibt es demnach zwar nicht, aber ich hoffe, dass einige von euch trotzdem etwas mitnehmen können.
Was ist Conversion Optimierung?
Als Conversion Optimierung bezeichnet man alle Maßnahmen, die dazu dienlich sind, die Conversion Rate auf einer Website zu steigern. Aus einfachen Besuchern sollen dabei aktive Nutzer werden, die eine auf der Seite mögliche Handlung durchführen. Das kann der Kauf in einem Online Shop sein, das Ausfüllen eines Online-Formulars oder auch einfach das Abonnieren eines Newsletters.
Diese Maßnahmen können sehr allumfassend sein und im Endeffekt bis hin zu Kundenkommunikation und E-Mail-Strecken die gesamte Strategie einer Seite betreffen. In den meisten Fällen meint Conversion Optimierung allerdings eher das Feilen an einer konkreten Landingpage und den damit zusammenhängenden Kampagnen.
Ein konkretes Beispiel: Ein Online-Reiseportal möchte die Zahl der Newsletter-Abonnenten erhöhen und setzt dafür eine Kampagne auf, die Paid Traffic auf eine eigens dafür erstellte Landingpage schiebt. Dort stellt das Portal sich vor, zeigt bestimmte Vorzüge, tolle Deals, diverse Traumreiseziele, starke Bewertungen und lässt glückliche Kunden zu Wort kommen. Im Idealfall überzeugt die Seite den Nutzer damit so sehr, dass er seine Mailadresse in ein Formular einträgt, um zukünftige Angebote nicht zu verpassen.
Gute Conversion Optimierung würde in diesem Fall dafür sorgen, dass die Seite auch tatsächlich störungsfrei auf diesen einen Zweck, Mailadressen zu generieren, ausgerichtet ist, die Nutzer wirklich erreicht und die Eingabe der Adresse als natürliches Ende einer Abfolge wirken lässt, die mit dem Klick auf die Anzeige begonnen wurde.
Genau ein Ziel pro Landingpage
Es gibt einen guten Grund, warum man außer bei Brand-Kampagnen niemals Paid Traffic auf seine Startseite leiten sollte – sie lässt dem Nutzer extrem viele Wege offen. Im geschlossenen Mikrokosmos einer Landingpage darf es im Gegensatz dazu nur um das eine vorher definierte Conversion-Ziel gehen. Die Aufmerksamkeit eines Nutzers zu bekommen, ist nicht einfach. Entsprechend sollte man diesen Fokus kanalisieren und zielgerichtet verwenden. Ein Praxisbeispiel zur Untermauerung: Durch das Entfernen der Navigationsleisten auf älteren Landingpages konnten wir die Conversion Rate produktübergreifend um einen zweistelligen Wert steigern. Eine fokussierte, homogene Seitenpräsentation ist Gold wert. Sie nimmt den Nutzer an die Hand und führt ihn wie selbstverständlich bis zum Ziel.
Dem Reiseportal ging es in der Kampagne um Newsletter-Abonnenten. Sie wollten nicht gleichzeitig Flüge in die Türkei, Pauschalreisen in die Karibik oder Weltumrundungen an den Mann bringen und konnten die Seite demnach ohne Abstriche auf den Newsletter ausrichten. Jedes einzelne Element auf der Seite – egal ob Headline, geschilderte Vorzüge, verwendete Bilder, Texte oder Nutzerstimmen – wurde somit auf das eine Ziel der Seite abgestimmt. Je klarer dieses Ziel definiert ist, desto weniger Kompromisse muss man bei der Erstellung der Seite machen und desto einfacher ist es letztlich, die Conversion Rate in die Höhe zu treiben.
Der Kontext und seine Bedeutung
Wie bereits erwähnt, beginnt die Reise eines Nutzers nicht erst auf der Landingpage. In den meisten Fällen hat er vorher auf eine Bild- oder Textanzeige geklickt; ein Klick, der mit bestimmten Erwartungen verbunden war, denen sich die Seite nun stellen muss. Wer einer Anzeige folgt, die heiße Finanztipps verspricht, möchte diese Tipps oder zumindest einen Bezug darauf gerne auch auf den ersten Blick finden. Es geht dabei nicht bloß um eine thematische Verwandtschaft, im Idealfall entspricht die Headline der Anzeige der Headline auf der Seite. Auch der Tonfall sollte sich wiederfinden.
Falsche Erwartungen führen zu nichts, sie bedeuten im Endeffekt verschenktes Geld. Umso wichtiger ist es also, sich den gesamten Traffic anzusehen: Wer sind meine Nutzer? Woher kommen sie? In welcher Umgebung bekommen sie Display-Anzeigen ausgespielt, mit welchen Begriffen suchen sie hauptsächlich? Möglicherweise liegt eine niedrige Conversion Rate nur zu Teilen an der Seite selbst. Vielleicht könnte sie deutlich besser funktionieren, wenn der Traffic aus anderen Quellen, von anderen Seiten oder mit abweichenden Keywords eingekauft werden würde. Eine homogene Präsentation ist nicht nur auf der Seite selbst wichtig, diese Anforderung gilt für die gesamte Kampagne.
Analyse, Tracking und Hypothesenbildung
Vor der Optimierung steht die Analyse. Es ist ungemein wichtig, sich nicht blind auf sein Bauchgefühl, das seiner Vorgesetzten oder das Verhalten der Konkurrenz zu verlassen, sondern Optimierungsmöglichkeiten durch die Analyse von Kampagnenaufbau und Nutzerverhalten auszuloten. Ist auf der Seite etwa ein Konfigurator mit mehreren Schritten installiert, muss ich wissen, an welcher Stelle potentielle Kunden verloren gehen. Genauso sollte ich mir das Scroll- und Klickverhalten auf einer langen Seite mit vielen Elementen genauer ansehen, um die Interaktion der Nutzer mit der Seite zu verstehen.
Eine solide Analyse stellt also Anforderungen an das Tracking. Je mehr Daten gesammelt werden, desto besser kann ich meine Zielgruppe verstehen und desto zielgerichteter erkenne ich Optimierungspotenziale. Qualitative Daten durch kurze Umfragen etwa vor dem Schließen der Seite können zusätzlich dabei helfen, blinde Flecken auszumerzen. Wer Geld in die Hand nehmen möchte, testet das Nutzerverhalten unter Laborbedingungen. Sobald klar ist, an welchen Punkten die Landingpage Geld verliert, beginnt die Hypothesenbildung – zumindest im Idealfall.
Von Best Practise und psychologischen Grundlagen
Der Blick auf aktuelle Trends und Entwicklungen steht einer fundierten Hypothese oftmals im Weg, denn allzu oft orientiert man sich beim Drehen an Stellschrauben an der Konkurrenz, ohne genau zu wissen, wie deren Kampagnen performen, oder welchen Einfluss Unterschiede im Marktsegment oder in der Positionierung der Marke haben. Eine Sache sind hier schlimme Design Trends wie „Ghost Buttons“ oder Hintergrundvideos, die die Grundlagen menschlichen Verhaltens für eine vordergründig schöne oder interessante Optik ignorieren. Warum das nur in den seltensten Fällen gut geht, dürfte klar sein. Interessanter wird es aber bei der sogenannten Best Practise – denn auch hier kann ein stumpfes Übernehmen dem Conversion-Ziel manchmal mehr schaden als nutzen.
Wenn Fallstudien etwa zeigen, dass kurze Seiten besser funktionieren als lange, muss das nicht für jedes Produkt und jede Zielgruppe gelten. Konvertieren auf der einer Seite Buttons der Farbe X besser als Buttons der Farbe Y, kann das auf einer anderen Seite völlig anders aussehen, weil letztlich weniger eine bestimmte Farbe als der allgemeine farbliche Kontrast die entscheidende Rolle gespielt hat. Es geht darum, die eigenen Nutzer zu kennen, sie richtig einzuordnen und ihnen eine auf ihre Bedürfnisse, Wünsche oder auch Ängste abgestimmte Landingpage anzubieten.
Das führt mich direkt zum nächsten Punkt: Trends sind flüchtig, Detailfragen diskutierbar, aber menschliche Psyche und menschliches Verhalten dann doch ziemlich gut erforschte Faktoren. Die Wirkungen von Kontrasten, das Steuern der Aufmerksamkeit durch visuelle Reize oder die Nutzbarmachung der menschlichen Bedürfnisse nach Zugehörigkeit und Einzigartigkeit – wir Menschen sind leichter zu manipulieren als es uns lieb ist und die Wissenschaft bietet ein reichhaltiges Arsenal an Manipulationsmöglichkeiten. Wenn ich etwas an der Seite ändern möchte, sollte es auf einer psychologisch oder soziologisch fundierten Hypothese basieren. Das funktioniert garantiert besser als das bloße Bauchgefühl.
Testing, testing, testing
Sobald man von Änderungen spricht, muss man an Testing denken. Elemente auf der Seite umzuschreiben, umzustellen oder komplett neu einzubauen, birgt immer ein gewisses Restrisiko, denn auch eine noch so fundierte Hypothese garantiert mir keine richtige Handlung. Um also einen Blindflug zu vermeiden und die Auswirkungen äußerer Faktoren auf die Conversion Rate (saisonale Effekte oder auch Änderungen in der Anzeigenstruktur) klar vom Effekt meiner Optimierungsmaßnahme trennen zu können, muss ich sauber testen.
Mittlerweile gibt es viele verschiedene Anbieter von Testing Tools auf dem Markt, für erste Schritte und einfache Tests bietet aber schon Google Analytics eine kostenfreie Alternative. Grundsätzlich gilt: Nur wer seine Änderungen testet, handelt seriös und behält sich die Möglichkeit vor, Fehler als solche zu erkennen und zu korrigieren. So bieten dann auch gescheiterte Tests, die immer wieder vorkommen werden, wertvolle Erkenntnisse.
Tipps für den Anfang
Wie die meisten Prozesse gibt es auch in der Conversion Optimierung kein Ende. Der Abschluss des einen Tests bedeutet den Beginn eines neuen und jeden Tag gibt es eine neue Datenflut mit neuen Erkenntnissen, die ausgewertet werden möchten. Dabei sollte man gerade am Anfang nicht den Fehler machen, zu viel aus ersten Tendenzen herauszulesen. Mittlerweile hatte ich mehrfach den Fall, dass die Conversion Rate einer neuen Variante im Vergleich zum Original nach einer Woche mit einer zweistelligen Prozentzahl im Minus lag, am Ende aber dann doch wie vorher erwartet mit einem signifikanten Ergebnis als Sieger aus dem Duell hervorging. Vertraut da gerne euren Statistikkenntnissen, gebt eurer Hypothese und der Variante eine Chance und rechnet die mögliche Streuung mit ein.
Ein weiterer kleiner Hinweis: Unterschätzt den Einfluss gut geschriebener Texte nicht! Ein einziges geändertes Wort in der Headline kann einen signifikanten Einfluss nehmen. Diese sogenannten Copytests sind unglaublich einfach umzusetzen und können überraschende Ergebnisse liefern. In die Texte von Landingpages wird oft deutlich weniger Zeit gesteckt als in das optische Design, die Anordnung der Elemente oder die Funktionalität. Meiner Meinung nach ein Fehler und mehrere persönlich durchgeführte Tests, in denen die Conversion Rate durch einfachste Wording-Änderungen statistisch signifikant um teilweise mehr als 30% gestiegen ist, untermauern diese Meinung.
Last but not least: Lest Blogs (ziemlich unnötige Anmerkung auf einem Blog)! Es gibt so viele, so gute Seiten da draußen, die sich mit allen möglichen Facetten der Conversion Optimierung beschäftigen, dass man garantiert täglich Lesestoff und auch immer wieder interessanten Input findet.
Was ist mit SEO?
Ich gebe es zu, dieser Beitrag richtet sich weniger an die SEOs, dafür habe ich viel zu oft von Paid Traffic und Kampagnenstrukturen gesprochen. Was die Optimierung von einzelnen Seiten auf bestimmte Ziele angeht, lässt sich vieles von dem hier Geschriebenen aber durchaus auf Seiten mit guten organischen Rankings übertragen. Eine Seite, die viel organischen Traffic bekommt, wird sich sicher nicht über einen „Call to action“ oder ein Formular beschweren. Ungenutzter Traffic ist am Ende möglicher Umsatz, der liegen gelassen wird.
Mit diesen Worten bedanke ich mich für das Lesen und wünsche viel Spaß beim Analysieren, Optimieren und Testen!
Über den Autor
Christian Schafferus arbeitet nach Abschluss seiner Zeit als Online Marketing Trainee ab Dezember 2015 als Online Marketing Manager UX/Testing beim Service-Portal pflege.de. Dabei taucht er immer tiefer in die Welt der Conversion Optimierung ein und saugt in diesem Prozess alles Mögliche an Informationen und Erfahrungen in sich auf. Wenn es gerade nichts zu optimieren gibt, betätigt er sich privat als freiberuflicher Pianist und Musiker, lange Texte schreibender Blogautor und sportbegeisterter Stadtparkläufer
13 Antworten
Hallo,
ein richtig guter Artikel aus dem ich super viel lernen durfte.
Danke dafür und weiter so 🙂
Alex
Hey Chris,
ein wirklich sehr gelungener Artikel. Immer wieder schön, wenn aus ehemaligen Trainees so kompetente Online Marketer werden.
Hallo, ich bin wieder auf euren tollen Seite gelandet und wollte einen Gruss da lassen. Danke
Ich hab da noch was für die Eine oder Andere:
abnehmen-nach-einer-schwangerschaft.com
Beste Grüsse
Das Abnehmteam
Vielen Dank, Christian, für diesen Beitrag!
Ich werde sicher vieles davon nicht umsetzen können, da sich dieses Vorgehen für meine Seite nicht besonders eignet. Ich finde es aber sehr interessant, zu erfahren, wie das funktioniert.
Herzliche Grüße,
Oliver
Hallo Christian, vielen dank für die gute Einführung in dem Thema Conversion Optimierung. Da gibt es noch vieles das ich umsetzen muß.
VG
Daniel
Danke für den Artikel. Vieles war mir schon klar, aber es waren auch ein paar neue Denkanstöße dabei.
Sehr gerne! 🙂
Hallo Christian, bist du bei deiner intensiven Arbeit mit Landing-Pages auch auf einer Seite gelandet welche Vorlagen für sehr gute Landing Pages bietet? Gruß, Michael
Moin Michael.
Wenn du damit Templates meinst, schau z.B. mal bei unbounce.com vorbei. Der Blog dort hat auch immer wieder ziemlich guten Input.
Danke dir Christian, kennst du noch eine Ressource wo man sich Templates für den eigenen Server ziehen kann – diese dann als Vorlage nutzen und nicht als externen Dienst?. Gruß, Michael
Einen Tipp den ich habe: Schreibt lange Landingpages.
Lange Texte schaffen Vertrauen beim Leser und ermöglichen es euch, eure Botschaft dem Leser immer wieder nahe zu bringen. Ihr kennt vielleicht diese Briefe, die euch Investments oder irgendein Wundermittel verkaufen wollen; diese zeigen, wie es geht.
Was jetzt nicht heißen soll, dass ihr den Menschen irgendeinen Mist andrehen sollt.
Hallo Marco,
das kann man so aber nicht allgemein sagen. Es gibt genug Fälle, wo Leute ihre LP drastisch reduziert haben und am Ende eine enorme Steigerung der CVR sehen konnten – genauso wie es genug gegenteilige Ergebnisse gibt. Die meisten Nutzer scrollen z.B. gar nicht erst nach unten, das heißt viele Elemente werden die meisten Leute gar nicht erst sehen.
Wie ich schon geschrieben habe, kann man solche allgemeinen Aussagen nie auf jedes Produkt und jede Zielgruppe anwenden. Jeder muss da selbst testen, analysieren und das Gefühl für seine Nutzer bekommen. Wir selbst haben hier z.B. für verschiedene Produkte getestet. Bei einigen hat mehr Text gut funktioniert, einige ware eher für Kahlschlag prädestiniert.
Das Wichtigste ist aber ohnehin nicht die Länge, sondern Struktur, Fokus und Aussage der LP.
Hallo,
Super tolle Infos die ich hier bekommen habe.
Vielen Dank
Lg Stefan